Übersetzungen schriftlicher Dokumente gehören seit Hunderten von Jahren zum Tagesgeschäft von Unternehmen, Ämtern und politischen Einrichtungen. Ohne fachgerechte Übersetzungen wäre die weltweite Wirtschaft in ihrer heutigen Form nicht möglich, und auch die politische Landschaft sähe gänzlich anders aus. Selbst unser häusliches Leben würde sich sehr von unserem heutigen Lebensstil unterscheiden. Als Beispiel: Alle nicht in Deutschland gefertigten Produkte würden lediglich über Bedienungsanleitungen oder Produktinformationen in der jeweiligen Sprache des Herstellungslandes verfügen, welche man für die Bedienung des Produktes dann zwangsläufig beherrschen müsste. Dies würde voraussetzen, dass jeder Mensch auf der Welt mindestens 50 Sprachen erlernen müsste, was natürlich nicht möglich ist.

Die Unterschiedlichkeit aller Sprachen

Es ist mitunter etwas überraschend, sich den Verlauf der weltweiten Sprachentwicklungen genauer anzusehen. So haben beispielsweise fast alle europäischen Sprachen ihren Ursprung im Südwesten Russlands, von wo aus vor ca. 6.000 Jahren große Völkerwanderungen aus starteten, deren sprachliche Nachwirkungen sich heute von Spanien bis China erstrecken. Im Umkehrschluss kann man also behaupten, dass zum Beispiel Pakistan und Frankreich denselben Sprachursprung haben, was angesichts der gewaltigen sprachlichen Unterschiede heutzutage wie eine weit hergeholte Behauptung klingt.

Ein großes Problem, dem sich unzählige Übersetzer tagtäglich ausgesetzt sehen, ist die Tatsache, dass jede Sprache auf der Welt unterschiedlich aufgebaut und konzipiert ist, und das in vielerlei Hinsicht. So kann unter anderem davon ausgegangen werden, dass jede Sprache mindestens eine Vokabel hat, die nicht wortwörtlich in eine andere Sprache übertragen werden kann. Und dies bezieht sich lediglich auf die Amtssprache; Dialekte stellen nochmal eine ganz andere Herausforderung dar.

Wo genau liegt das Problem?

Die Schwierigkeit, der sich Übersetzer weltweit daher stellen müssen, ist, das perfekte Gleichgewicht zu finden zwischen einer sinngemäßen Übersetzung und einer korrekten, wortwörtlichen Übersetzung. Nehmen wir mal ein konkretes Beispiel:

Der erste Satz aus Franz Kafkas Erzählung Die Verwandlung gilt als eine der am schwersten zu übersetzenden Textpassagen aller Zeiten. Der Einfachheit halber beziehen wir uns einmal nur auf die englische Übersetzung. Der Satz lautet wie folgt:

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.“

Das größte Problem an diesem Satz stellt das Wort Ungeziefer dar. Englischsprachige Übersetzer haben sich dabei meist mit dem Wort insect begnügt. Leider ist dies nicht unbedingt korrekt. Im Mittelhochdeutschen wurde als Ungeziefer ein „unreines Tier, das nicht zum Verzehr geeignet ist“ bezeichnet. Unter diese Definition würde beispielsweise auch ein Schwan fallen, dessen Lebensweise dafür sorgt, dass sein Fleisch ungenießbar schmeckt und zu zäh für den Verzehr ist. Eine andere, häufig gebrauchte Übersetzung ist vermin. Dieses Wort allerdings bezeichnet im Englischen lediglich die Schädlinge. Nützlinge wie beispielsweise Bienen oder Spinnen können im Deutschen jedoch sehr wohl auch als Ungeziefer bezeichnet werden. Und ebenso die Begriffe cockroach (Kakerlake), beetle (Käfer) oder bug (Wanze) sind häufig zu findende Übersetzungsansätze.

Eine andere Schwierigkeit bringt das Wort ungeheuer als Beschreibung des Ungeziefers. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, in welcher Bedeutung Kafka dieses Wort gebrauchte. Die Tendenz geht zu monstrous, aber auch horrible wird als mögliche Übersetzung akzeptiert. Dabei sind die Definitionen dieser beiden Wörter im Englischen nicht einmal synonym zueinander. Monstrous bezieht sich eher auf die Körpergröße, horrible eher auf das furchteinflößende Äußere, wobei dies natürlich auch bei monstrous zutreffen kann.

Lösungsansätze

Tatsächlich muss man an solchen Situationen nicht unbedingt verzweifeln. Bleiben wir beim Vergleich zwischen der englischen und deutschen Sprache, so lässt sich schnell feststellen, dass das Englische sehr viel kompakter und sparsamer konzipiert ist als das Deutsche. Die deutsche Sprache lebt durch ihre entwicklungsbedingt deutliche Korrektheit von vielen kleinen Füllwörtern wie noch, nur, doch, also, erst, so, eher, auch, sehr und unzähligen anderen, die bei einer Übersetzung nicht zwingend übersetzt werden müssen (was aber natürlich auch immer vom jeweiligen Kontext abhängt), ohne dass der Ausgangstext dadurch sinngemäß verändert würde. Umgekehrt lassen sich in einer Übersetzung vom Englischen ins Deutsche viele dieser Wörter einfügen, obwohl sie so nicht im englischen Original zu finden sind; sie sind dort eher zwischen den Zeilen zu finden.

Und im Notfall lassen sich nicht wörtlich oder sinngemäß zu übersetzende Passagen auch jederzeit durch beispielsweise Nebensätze oder Fußnoten umschreiben.