Auf der Welt gibt es heute knapp 7.000 Sprachen. Immerhin lassen sie sich unterteilen in ca. 35 Sprachfamilien, was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass jede dieser Sprachfamilien durchschnittlich 200 eigene Sprachen beinhaltet, die obgleich ihrer gemeinsamen Zugehörigkeit trotzdem völlig unterschiedlich sein können. Hinzu kommt die Vielfalt von Dialekten innerhalb dieser einzelnen Sprachen, die je nach Land oder Region derart individuell sein können, dass es sogar vorkommen kann, dass zwei nur wenige Kilometer voneinander entfernte Ortschaften erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten haben.

Es gibt als weitere Möglichkeit der Unterteilung sogenannte Sprachgruppen mit zwar völlig unterschiedlichen Ursprüngen, die jedoch durch Einflüsse aus den Sprachen der sogenannten Hochkulturen geprägt sind. So sind beispielsweise alle west- und südeuropäischen Sprachen vor 2.000 Jahren durch das Lateinische beeinflusst worden. Dazu gehören neben Deutsch unter anderem Englisch, Spanisch und Französisch. Eine Besonderheit stellt die italienische Sprache dar, da davon auszugehen ist, dass sie im Prinzip ein modernes Latein ist, sich also im Laufe der zwei Jahrtausende direkt aus dem Lateinischen her entwickelt hat.

Und auch die deutsche Sprache ist eine kleine Besonderheit in Europa, da Deutschland durch seine zentrale geografische Lage und seine jahrtausendelange Tendenz dazu, Kriege zu verlieren, schon immer eine Art Schmelztiegel für Kulturen und Sprachen aus aller Herren Länder war. So lassen sich im modernen Deutsch neben den Einflüssen aus dem Lateinischen beispielsweise auch Überbleibsel aus den alten germanischen Sprachen finden, außerdem fanden vor allem durch fremdsprachige Besatzungsmächte viele Sprichwörter und ähnliches ihren Weg in den Sprachgebrauch. Selbst slawische und nordische Sprachen weisen in kleinen Teilen Parallelen zum Deutschen auf. Und auch umgekehrt gibt es deutsche Einflüsse in anderen Sprachen: Das britische Königshaus beispielsweise stammt ursprünglich aus Ostdeutschland, und in den Sprachen der Balkanländer lassen sich ansatzweise noch Hinweise auf die österreichische Geschichte finden.

Des Weiteren muss man in der Sprachforschung berücksichtigen, dass es im Laufe der letzten 10.000 Jahren auch viele Völkerwanderungen gab; insbesondere für die Zeit von 4.000 bis 1.000 v.Chr. geht man davon aus, dass aus dem heutigen Südwestrussland in alle Himmelsrichtungen Völkerwanderungen stattfanden. Die Nachfahren dieser Sprachfamilie leben heute auf einem Gebiet von Spanien über Russland im Norden und die Türkei im Süden bis hin zum nördlichen Indien.

So könnte man also im Prinzip davon ausgehen, dass die weltweite Sprachentwicklung einen fließenden Prozess darstellt, und dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachen und Sprachgruppen durch die ständige Vermischung gar nicht so signifikant sein dürften. Nur muss man natürlich noch die Ursprünge der Sprachgruppen sowie die Hindernisse interkultureller Kommunikation der Menschheit im Laufe der Geschichte berücksichtigen. So ist die gesellschaftliche und politische Akzeptanz für fremde Kulturen eine relative Neuheit im Weltgeschehen. Seit jeher war es eine gängige Praxis von weiter entwickelten Nationen (meist aus Europa), in der Hoffnung auf Rohstoffe, Lebensraumerweiterung und kostenlose Arbeiter andere, weniger gut entwickelte Länder einfach zu überrennen, ihre Kulturen entweder zu zerstören oder komplett umzukrempeln und letztendlich die nativen Sprachen durch ihre eigene zu ersetzen. Unzählige Beispiele dafür finden sich in der Kolonialgeschichte Afrikas und Südamerikas.

Die zwei amerikanischen Kontinente an sich stellen auch eine Besonderheit in der Weltgeschichte dar. Ursprünglich von indigenen Völkern mit eigenen Sprachen besiedelt, wurden diese von den europäischen Besatzern fast vollständig vernichtet. In Nordamerika sind es die Indianer, die den Briten und Franzosen zum Opfer fielen; sie stellen heute eine winzige Minderheit dar, die nur noch in extra angelegten Reservaten lebt. In Südamerika wird fast ausschließlich Spanisch und Portugiesisch sowie zu einem kleinen Teil Französisch gesprochen; die dortigen indigenen Sprachen der Azteken und Inka sind für immer verloren.

Man geht davon aus, dass im Laufe der nächsten 100 Jahren, was eine vergleichsweise sehr kurze Zeitspanne in der Menschheitsgeschichte ausmacht, in etwa 50 Prozent der 7.000 heutigen Sprachen vollkommen aussterben werden. Bedingt ist dies unter anderem durch die Tatsache, dass viele dieser Sprachen international keinerlei Bedeutung haben und von Eltern nicht mehr unbedingt an ihre Kinder weitergegeben werden. Außerdem belaufen sich 80 Prozent der weltweiten Muttersprachler auf lediglich 50 verschiedene Sprachen; die restlichen knapp 6.800 Sprachen belaufen sich auf rund 20 Prozent der Menschheit.